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Montag, 29. Mai 2017

Kann ich Emotionen vermitteln?






Ein Bild sagt mehr als tausend Worte.

Wer kennt diesen Spruch nicht. Besonders in der Werbung wird auf unseren Gefühlen appelliert. Das niedliche weiße Kätzchen der das Katzenklo nicht findet, Das glückliche Baby, der selig schläft dankt Panpers, glückliche Kinder mit Milchschnitte, oder noch schlimmer, Frauen in Kleidern, die mir nie so stehen werden, wie das junge, attraktive und vor allem schlanke Modell. Durch alle diese Bilder wird uns suggeriert „Das muss ich haben“.

Die Zeitung brachte viele Nachricht, darüber, das Schiffe mit Flüchtlingen gesunken sind. Aber richtig empört und konsterniert waren wir erst als das Bild mit dem ertrunkenen vierjähriger um die Welt ging. Das war irgendwann vor ein oder zwei Jahren, aber ich habe dieses Bild immer noch vor Augen. Mein Herz fühlt sich erdruckt, die Augen brennen und der Kloß in Hals droht mich zu ersticken.

Es ist schrecklich, aber der Mensch sucht genau danach, wenn es um Literatur geht. Shakespeare ist mit seinen Dramen nicht grundlos zu dem geworden, von dem wir heute noch reden.

Autoren sind, so hart es auch klingt, Dienstleister.

Wollen wir die Leser bei uns behalten, müssen wir etwas bieten. Sensation, Gefühle, Spannung, die Möglichkeit dem Kommissar zuvor zu kommen und der Mörder vorher zu erwischen. Wobei, wenn der Leser vor dem Kommissar das Rätsel löst, haben wir etwas falsch gemacht. Gefühle sind eine Starke Macht.

James N. Frey schreibt in seine Bücher:

EIN PLOT IST EINE FOLGE VON ERFUNDENEN EREIGNISSEN, DIE DER AUTOR IN SZENEN UMSETZT, DIE ER MIT ERFUNDENEN PERSONEN BEVÖLKERT (…) WENN DER AUTOR DAS ALLES ZU PAPIER BRINGT WIRD DARAUS EINE GESCHICHTE:

James N. Frey

Wie man einen verdammt guten
Kriminalroman schreibt.

Schreiben wir Geschichten? Oder reihen wir nur Wörter auf den Linien unseres Papiers?

Haben wir uns zu Aufgabe gemacht das oben erwähnte zu erfinden, müssen wir schrecklicher als die Tageszeitung sein, grausamer als
die schlimmste Schlagzeile, romantischer als Pilcher und Cartland zusammen, dramatischer als alle Griechen je waren. Das ist nicht einfach, Griechen waren die größten Dramatiker. Manchmal denke ich, das ist immer noch so.

Können Sie der Leser nicht vermitteln was die Figuren gerade durchmachen, können wir auch ein Kochbuch schreiben. Leider kann ich nicht Kochen.

Was lesen Sie und welche Erwartungen haben sie in diese Lektüre? Oder anders gefragt, was Schreiben Sie und was soll der Leser dabei empfinden?

Wir können nicht der Leser vorschreiben, was der zu empfinden hat, aber das Schreibende Volk hat die Gabe, zumindest einige von uns, gezielt Gefühle hervorzuheben. Die passenden Worte an den richtigen Stellen können beim Leser Trauer, Freude, Glück, Einsamkeit und viel mehr vermitteln. Einige von uns können es ohne große Anstrengung, andere müssen schon etwas Zeit in diesem Abenteuer investieren. Das wichtigste ist, das wir uns stets in klaren sind, was wir wollen, was wir können und wie wir die Kluft dazwischen überwinden. Glücklich denen, die letzteres nicht nötig haben.

Als Bücher noch selten waren und ein Raum mit fünf Bücher als umfangreiche Bibliothek beschrieben werden konnte, konnte auch nur die gehobene Klasse lesen. In unsere Zeit ist der Schulbesuch Pflicht. Das ist eine wunderbare Sache. Jedoch stehen wir vor der Aufgabe, das lesende Volk zu erreichen und an unseren Texten zu fesseln. Der versuchen anderen mit unseren Worten zu unterhalten stellt uns ziemlich unter Druck. Heute kann jeder lesen. Der Leser ist zugleich Kritiker, von deren Wohlwollend sind wir abhängig.

Neulich holte ich aus meinen Bücherregal ein paar alte Bücher. Mit Alt meine ich wirklich alt. Als junge Frau habe ich diese mit Wonne verschlungen. Heute frage ich mich warum ich diese so möchte. Das wir uns nicht falsch verstehen, ich sprechen von Sir Arthur Conan Doyle, Edgar Allan Poe, Mark Twain und anderen hervorragende Autoren, nur meine Erwartungen sind heute anders. Es entsteht nicht mehr das gleiche Gefühl wie damals. Einzig (Don) Miguel de Cervantes hat noch der Reiz von früher noch nicht verloren.

Wo liegt der Unterschied? Ich habe in mein Leben so viel gelesen, dass meine Erwartungen gestiegen sind. Der Pendel des Todes, Lebendig begraben und die Schwarze Katze haben nicht mehr die gleiche Wirkung auf mich, als in der Zeit, wo ich hauptsächlich Pflichtlektüre für die Schule las. Wenn heute irgendwo steht, dass die Person eine bleiche Haut hat und entrückt wirkt, empfehle ich dieser mehr Vitamin B12, ein Vampir kommt mir nicht mehr so ängstigend vor. Wenn der Leser erschreckt reagieren soll, ist der Versucht bei mir gescheitert. Ja, wir sind abgestumpft.

Emotionen entstehen heute, durch das Geschehen. Der Held muss leiden. Habe ich irgendwann gelesen in eine meiner Bücher. Umso gequälter der Held ist, desto mehr Mitgefühl verspüren wir. Sind die Figuren wirklich gut ausgearbeitet, werden wir uns mit irgendeine davon identifizieren. Muss nicht immer die Hauptfigur sein. Sorgen Sie dafür, dass ihre Figuren etwas ausstrahlen. Es muss nicht immer gutes sein. Als ich die Kinder der Erde las, habe ich das erste Buch nicht aus der Hand legen können. Ich wollte die Stelle lesen, wo
Broud für seine Taten bezahlt. Auf einmal war das Buch alle und Broud war immer noch da. Bei den anderen Büchern habe ich darauf gewartet, das Aylla zurückkehrt. Broud musste für seine Taten bezahlen, aber sie kehrt nicht zurück. Ich glaube, mein Hass Broud gegenüber war größer, als meine Freude an der Lektüre. Jean M. Auel hat die richtige Knöpfe bei mir gedrückt.

Es geht nicht darum zu schreiben, dass die Protagonistin traurig ist. Wir müssen diese Trauer in Form von Bildern, in den Kopf des Lesers projizieren. Tja, das ist nicht leicht, aber das ist unser Ziel. Schaffen wir das, haben wir schon halb gewonnen.





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